Unser Teammitglied Christian Krohne befasst sich seit langer Zeit mit dem Thema psychische Gesundheit und vor allem mit neuen, digitalen Therapieformen wie E-Mental-Health. Hier im Blog berichtet er regelmäßig über den Entwicklungsstand der Branche und stellt immer wieder spannende Unternehmen und Persönlichkeiten vor, die E-Mental-Health vorantreiben. Der in Deutschland prominenteste Anbieter von Online-Therapien ist das Startup Selfapy aus Berlin. Christian hat sich mit Gründerin und CEO Nora Blum über die Mission und die Funktionsweise von Selfapy unterhalten.
- Wie kam Dir die Idee zu Selfapy?
Die Idee zu Selfapy kam uns im Sommer 2014. Damals absolvierten Kati und ich unser Psychologiestudium an der Cambridge University in England. Als die einzigen Deutschen in den Vorlesungen kamen wir natürlich schnell ins Gespräch und verbrachten viel Zeit miteinander. Schnell wurde klar, dass uns vor allem ein Thema ganz besonders am Herzen liegt: die lückenhafte psychologische Versorgung in Deutschland. Oft genug bekamen wir mit, dass es nicht ausreichend Therapieplätze für Betroffene in unserem Umfeld gab und dass die langen Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz eine viel zu große Belastung für Menschen mit psychischem Leiden darstellt. Viele Abende saßen wir zusammen und sammelten Einfälle, suchten nach Lösungen: Man müsste die Versorgungslücke durch ein niederschwelliges, sich leistbares und wirksames Programm schließen. Schließlich kamen wir auf die Idee ein online-basiertes Selbsthilfeprogramm zu entwickeln, auf englisch “Self Therapy”, kurz “Selfapy” – die Idee war geboren. Seitdem arbeiten wir hart an unserer Mission, möglichst vielen Menschen möglichst schnell zu helfen, ohne Wartezeit und anonym – mit unserem Selfapy Programm für Menschen mit verschiedenen psychischen Erkrankungen, die von unseren Psychologen via Telefon wöchentlich begleitet werden.
2. Wie funktioniert Selfapy? Muss ich vom Arzt überwiesen werden, um an dem Programm teilzunehmen?
Unser Programm ist Online für jeden ganz leicht zugänglich. Man muss also vorher nicht zum Arzt. Natürlich raten wir aber immer dazu, die Symptome und Beschwerden von einem Arzt abklären zu lassen. Das ist ganz wichtig, da auch körperliche Ursachen Schuld an einer Depression oder anderen psychischen Erkrankungen sein können.
Auf Selfapy.de kann man sich erstmal einen Überblick verschaffen über unser Angebot. Wir bieten insgesamt 3 Pakete an:
- Die reinen Online Kurse zu den verschiedenen psychischen Beschwerden.
- Die Online Kurse begleitet durch wöchentliche Telefonate mit einem unserer Selfapy Psychologen.
- Die reine telefonische psychologische Beratung per Telefon oder Chat.
Wer sich für das Selfapy Programm interessiert, kann bei uns jederzeit ein kostenloses Erstgespräch mit einem unserer Psychologen vereinbaren, das geht Online ganz einfach auf unserer Website. In diesem Gespräch kann sich jeder von unseren Psychologen beraten lassen und gemeinsam schauen, zu welchen Sorgen welcher Kurs passt.
3. Für welche psychischen Erkrankungen ist Selfapy geeignet und für welche Patienten ist eine stationäre Behandlung hilfreicher?
Bei Selfapy können wir vielen Menschen helfen, die unterschiedliche psychische Belastungen haben. Wir bieten spezielle Kurse bei leichten bis mittelschweren Depressionen, Angst- und Panikstörungen und Essstörungen, wie der Bulimie, Magersucht oder Binge-Eating Störung an. Wir haben aber auch Kurse zum Erlernen von Achtsamkeit, Gesundem Abnehmen und einen Kurs zum Selbstwert.
Menschen, die extrem unter ihren psychischen Belastungen leiden, schwer depressiv sind oder gar in Lebensgefahr sind, raten wir immer eine ambulante oder sogar stationäre Behandlung. Die Betroffenen brauchen einfach einen engeren Kontakt zum Behandler und sind besser aufgehoben bei einer stationären Behandlung, vor allem wenn Selbstgefährdung oder Fremdgefährdung eine Rolle spielt.
4. Wie lange dauert ein Selfapy-Kurs? Wie geht es danach für den Patienten weiter?
Unsere Selfapy Kurse gehen entweder 12 Wochen oder 24 Wochen. Das kann man sich selbst aussuchen. Man kann den 12-wöchigen Kurs aber auch verlängern auf 24 Wochen, wenn man merkt, dass man gern noch weitermachen will. Natürlich hoffen wir, unsere Nutzer am Ende des Kurses soweit geholfen zu haben, dass sie ohne weitere Hilfe auch stabil durch den Alltag gehen. Für Nutzer, die noch mehr Themen als nur das spezifische Störungsbild besprechen möchten, bieten wir die individuelle psychologische Beratung per Telefon an. Hier kann man je nach persönlichen Zeitplan Telefonate mit unseren Psychologen vereinbaren. Die Telefonate können dann auch nach dem Kurs noch wahrgenommen werden.
5. Kann ich Eure Kurse bei der Krankenkasse erstatten lassen?
Die 3-monatigen Kurse bei Stress, Gesund Abnehmen und Achtsamkeit (sowohl psychologisch begleitet per Telefon und unbegleitet) tragen das Siegel der Prüfstelle Prävention und werden somit von fast allen gesetzlichen Krankenkassen bis zu 100% erstattet. Wie hoch der Grad der Erstattung ist, muss immer individuell bei der jeweiligen Krankenkasse angefragt werden. Die Kostenübernahme erfolgt per Erstattungsverfahren. Manche Krankenkassen bieten unsere Kurse bereits in ihrem Versicherungs-Programm an – das heißt, dass jeder Versicherte einen Zugangscode bekommt, mit dem er sich ganz schnell und einfach bei Selfapy einloggen kann und mit dem Kurs und den Telefonaten beginnen kann.
6. Welche Kurse werden am Häufigsten gebucht?
Das kann man pauschal gar nicht so einfach beantworten. Viele Menschen leiden im Herbst und Winter unter depressiven Symptomen – hier kann der Depressionskurs gut weiterhelfen. Manchmal wiederum gibt es Zeiten, in denen der Stresskurs viel gebucht wird. Und nach der Weihnachtszeit nutzen viele Menschen wiederum den Abnehmkurs. Man kann es also nie wirklich sagen, welcher Kurs am Häufigsten gebucht wird, da es sehr oft schwankt.
Vielen Dank für das Interview, Nora und euch weiterhin viel Erfolg!
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
[…] Vielen Dank für deine Unterstützung, liebe Nora! Ein Interview mit Nora zum Thema Mental Health findet ihr übrigens bei uns im Blog. […]
Ein wichtiges Thema, das gesellschaftlich zu kurz kommt. Glücklicherweise gibt es schon Krankenkassen, die solche Online-Angebote erstatten und damit den Zugang erleichtern. Danke Christian & Nora!