Es war einmal..
Es war einmal vor langer Zeit, in einem gar nicht so weit entfernten Land, da wollten die Könige ihre Kräfte einen und all ihren Untertanen das Leben erleichtern… So zumindest scheint es im Artikel des Deutschen Ärzteblatts aus dem Jahr 2001[1]. „Themen der Zeit: E-Health und Gesundheitstelematik: Herausforderungen und Chancen“ lautet da die Überschrift. Die Länder Europas wollen Digitalisierung im Gesundheitswesen fördern. Kommt Dir das auch seltsam bekannt vor?
2001, kurz mal eben rechnen – richtig! 17 Jahre ist das her und der Artikel damit also fast schon volljährig. Und das Thema? Nun, das ist immer noch Thema der Zeit, Thema unserer Zeit. Jetzt. 2018.
Telemedizin wird langsam erwachsen
Und es ist ein wichtiges Thema. Erst Ende August wurden die lang erwarteten Ergebnisse der TIM-HF2 Studie[2] des Fontane-Projekts vorgestellt. Und die können sich sehen lassen: Die Studienergebnisse zeigen, dass die Telemedizinpatienten im Vergleich zu herkömmlicher Versorgung weniger Tage im Krankenhaus verbringen mussten und länger lebten. Zudem konnte in der Studie durch den Einsatz von Telemedizin ein Versorgungsunterschied zwischen städtischen und ländlichen Regionen ausgeglichen werden.
Das ist gut, das ist wirklich gut, insbesondere wenn man bedenkt, dass die Digitalisierung medizinischer und ärztlicher Versorgung aktuell unser bestes Pferd im Stall darstellt, um den Ärztemangel in ländlichen Regionen auszugleichen und möglichst alle Bürger zeitnah und qualitativ hochwertig versorgen zu können. Könnte man jetzt noch sein Rezept auf elektronischem Wege erhalten und einlösen, ja meine Güte, dann könnte ich ja sogar bei der Apotheke am Dorfplatz mein Medikament abholen – ohne doch wieder vorher in die Stadt zur Arztpraxis zu fahren. Wie schön wäre das Leben?
Digitale Versorgung. Jetzt. Aber wie?
Wesentliche Ansatzpunkte, die nun über die Qualität und Effizienz einer digitalisierten Versorgung entscheiden, sind länder- und sektorenübergreifende technische Standards, die Gewährleistung von Dateninteroperabilität und die Vereinfachung der Übertragung in die medizinische Regelversorgung. Zudem sind eindeutige Regelungen für die Abrechenbarkeit und Anwendungsmöglichkeiten neuer Versorgungsformen extrem wichtig, um für Kliniken, Ärzte, medizinisches Personal und auch Patienten Sicherheit zu schaffen und den Versorgungsalltag tatsächlich zu erleichtern.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Wir in Deutschland versprechen uns viel von E-Health und Gesundheitstelematik, von Telemedizin und Remote Patient Management. Wir wollen Effizienz steigern, Kosten senken, dem Fachkräftemangel entgegenwirken, die häusliche Pflege unterstützen, dem Demographiewandel begegnen, den Patienten mehr Verantwortung übertragen und für Transparenz sorgen. Als Patient sage ich: „Ja, gern. Wann fangen wir an?“ Und ich hoffe die Antwort darauf lautet diesmal nicht: „In 17 Jahren.“
Märchensammlung gefällig?
In der nächsten #Märchenstunde geht’s um Nutzen und Risiken von medizinischem Cannabis – und sie lebten glücklich und schmerzfrei bis ans Ende ihrer Tage… oder etwa nicht?
[1]Deutsches Ärzteblatt 2001; 98(4): E-Health und Gesundheitstelematik: Herausforderungen und Chancen. abgerufen am 27.10.2018 unter https://www.aerzteblatt.de/archiv/25758/E-Health-und-Gesundheitstelematik-Herausforderungen-und-Chancen
[2]Charité Universitätsmedizin Berlin, 2018, Fontane-Studie: Telemedizin rettet Leben von Herzpatienten abgerufen am 27.10.2018 unter https://telemedizin.charite.de/metas/meldung/artikel/detail/fontane_studie_telemedizin_rettet_leben_von_herzpatienten-1/
Lara Wirbelauer
27, aus Mainz, wohnt und arbeitet in Berlin
3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hey Laura,
prinzipiell ist die medizinische und ärztliche Vorsorge in digitaler Form gar keine schlechte Idee, finde ich. Es gibt ja mittlerweile auch schon das E-Rezept und den E-Krankenschein, auch wenn es sich noch nicht komplett verbreitet hat. Damit ist ein Teil des “Märchens” aber zumindest schon mal wahr geworden. Vielleicht gibt es ja künftig auch einen Gynäkologiestuhl, der direkt die Vital-Werte misst und eine Massagefunktion hat!
Ich muss sagen, dass es in der Praxis für innere Medizin besser ist, wenn man sich mit dem Arzt unterhalten kann. Die digitalen Produkte sind ganz hilfreich. Mir ist es aber lieber, wenn man dem Doktor doch noch seine Beschwerden erklären kann. Daten können auch falsch gedeutet werden.
Wann wenn nicht jetzt und wer wenn nicht wir! Liebe Lara, da hast Du wirklich einen feinen Beitrag gefunden. Die Rache des Journalisten ist das Archiv sagte etwas freier zitiert einst ein Österreichischer Anchorman. Und es ist tatsächlich so. Wir wissen was zu tun ist und wie es zu tun ist. Aber stattdessen beschäftigen wir uns mit juristischen Hürden und Unmöglichkeiten aus diversen Partikularinteressen heraus. Die Demographie, die Entwicklung der Medizin und die Interessen unserer jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Berufsgruppen bieten uns gar keine andere Alternative als sofort in die Digitalisierung der Medizin und unserer Abläufe einzusteigen. Darunter verstehe ich aber nicht das Umwandeln von Formularen in PDF. Vielmehr müssen wir Nutzen für Patienten, Angehörige und Mitarbeiter stiften. Aus diesem Grund habe ich für unser Klinikum eine Stabstelle Digitalisierung geschaffen, die mit einer erfahrenen Mitarbeiterin aus der Pflege und einem gestandenen Mitarbeiter aus der Organisationsentwicklung und IT ein Thema nach dem anderen aufbereiten, priorisieren und digital lösen wird. Gewartet haben wir lange genug.