Ist die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePa) der Grundstein für eine digitale Erfolgsgeschichte?
Ein Kommentar von Roman Spelsberg, Hashtag Gesundheit e. V.
Eine ungewohnte Stimmung verbreitet sich im deutschen Gesundheitswesen. Der Gesundheitsminister spricht von mutiger Gestaltung der Zukunft. Nach Ansicht der gematik werden Meilensteine für das Gesundheitssystem erreicht und Wissenschaftler würden die Innovation wohl als Paradigmenwechsel hin zu einer Gesundheitsversorgung beschreiben, welche sich aus dem Besten der analogen und digitalen Welt zusammensetzt. Am eindrucksvollsten an dieser Dynamik ist, dass die Erneuerung als gemeinsames Projekt aller Akteure verstanden wird. Sind wir wirklich an einem Punkt angekommen, an welchem u. a. die traditionellen Sektorengrenzen und Silos des deutschen Gesundheitswesens aufgebrochen werden? Wird zum Wohle der Patienten ein gemeinsamer Versorgungsansatz etabliert? Zumindest verspricht dies die elektronische Patientenakte (ePA).
Eine kurze Geschichte der Digitalisierung
Neben den dramatischen Folgen der Corona-Pandemie, gilt diese längst auch als Beschleuniger für die digitale Transformation im deutschen Gesundheitswesen. Kommt hierzu noch ein Gesundheitsminister, welcher mit seinen Einmal-mit-Allem-Gesetzen lieber den Fortschritt ausprobiert, anstatt in traditioneller deutscher Manier alles bis ins letzte Detail zu verkopfen, erhält man einen fruchtbaren Boden für digitale Innovationen. Selbstverständlich ist dies nur ein Teil der Wahrheit. Hinzu kommt, dass die entscheidenden Akteure im Gesundheitswesen langsam aber sicher die Digitalisierung als Chance sehen. Es bleibt abzuwarten, ob die neue Haltung der Ärzt:innen, Apotheker:innen, Krankenhausmanager:innen, Kassenvertreter:innen sowie Politiker:innen nachhaltig ist. Unbestritten verändert sich jedoch das Profil der Patient:innen. Viele wachsen in einer digitalen Welt zwischen sozialen Medien und App-gesteuerten Haushalten auf. Diese Personengruppen wundern sich dann (berechtigterweise), warum die Meldedaten der Corona-Testlabore lange Zeit an die Gesundheitsämter gefaxt wurden.
In den letzten Jahren findet die Digitalisierung auch im Gesundheitswesen Einzug und wird nun durch die Pandemie angetrieben. Im August 2019 fiel mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung der endgültige Startschuss für die ePA. Dabei wurde die Pistole auf die Brust der Krankenkassen gesetzt. Diese mussten bis zum Jahresbeginn 2021 allen Versicherten die elektronische Patientenakte in Form einer kostenlosen App zur Verfügung stellen. Hierbei wurden sie unterstützt, angetrieben oder betreut von der gematik. Diese Gesellschaft ist, mittlerweile als verlängerter Arm des Bundesministeriums für Gesundheit, dafür zuständig die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens durch eine wertgeschätzte Telematikinfrastruktur (TI) sicher zu stellen.
Und was ist die ePA jetzt genau?
Nun ist die ePA also da! Eine Übersicht der ePAs der einzelnen Krankenkassen findet ihr hier. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit die ePA auf der Gesundheitskarte in einer Arztpraxis einzurichten. Die Grundidee der ePA ist schnell erklärt: Alle Gesundheitsdaten sollen an einem zentralen Ort gespeichert und verwaltet werden. In der Praxis (im wahrsten Sinne des Wortes) bedeutet dies, dass die Ärzt:innen direkt aus den Praxisverwaltungssystemen Dokumente hoch- und herunterladen können, um eine bessere Behandlung zu gewährleisten. Außerdem soll ein Notfalldatensatz auf der ePA gespeichert werden, welcher im Ernstfall Leben retten kann. Hierdurch können beispielsweise Allergien schneller ausgelesen werden. Über den elektronischen Medikationsplan soll für Patient:innen mit chronischen Erkrankungen oder mit Komorbiditäten die Handhabung ihrer Arzneimittel erleichtert werden. Auch Apotheken sollen auf den Medikationsplan zugreifen können. Die ePA bildet die Grundlage der digitalen Transformation des deutschen Gesundheitswesens. Es sollen andere Projekte wie das elektronische Rezept auf der ePA aufbauen.
Momentan läuft noch eine Einführungs- und Testphase mit ausgewählten Leistungserbringern in Berlin und Westfalen Lippe. Ab dem zweiten Quartal 2021 werden 200.000 Praxen, Apotheken und Krankenhäuser angebunden. Zum 1. Juli gilt eine verpflichtende Anbindung für alle Ärzt:innen. Somit kommt die ePA spätestens ab diesem Stichtag flächendeckend zum Einsatz.